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Shu-Ha-Ri (守破離) und Picasso

22. May 2015

self-portrait-1907

 

Das Konzept “Shu-Ha-Ri (守破離) ”:

Es gibt ein Wort in Japan “Shu-Ha-Ri”, über das der ehemalige Trainer der japanischen Nationalmannschaft Okada vor den Journalisten gesprochen hat. Der Begriff “Shu-Ha-Ri (守破離) ” ist das Konzept für die Meisterung der Technik bzw. Fertigkeiten (z.B. Kunst, Küche oder Ähnlichen…).

 

Zwar ich bin auch Japaner aber kenne nicht so gut über japanische Klassik aus. Nun, ich versuche, dieses Wort zu verstehen. Um es zu schaffen, probiere ich hier dieses Konzept in einen europäischen Kontext anzuwenden. Picasso ist hier ein Beispiel.

 

 

Die Zeit, in der Picasso geboren ist: 

Die moderne Kunst entwickelt sich mit dem Prinzip des “Realismus”. Das heißt; das Ziel der Malerei ist, dass das Werk so lebendig wie „real“ aussieht. Dafür entwickelten sich Die Technik der Perspektive oder Kontrast zwischen Licht/ Schatten usw.. Diese Voraussetzungen wurden aber in Ca. 1880er Jahren langsam in die Frage gestellt. Picasso ist in diesem Zeitraum geboren und gehört zur letzten Generation dieses Zeitparadigmas.

 

Diese Zeit, in der Picasso geboren ist, ist die Zeit des Impressionismus’. Diese Gattung ist der Versuch, direkt das Licht auf der Netzhaut an sich zu malen. Diese Art und Weise, Licht an sich auf dem Campus zu rekonstruieren, ist ein Gegenspruch zur Voraussetzung “etwas scheinbar Reales und Lebendiges zu malen”. Die damalige Gesellschaft brauchte Zeit diese Gattung zu verstehen und kritisierte diese Malerei.

 

 

Die erste Phase “Shu(守)”: 

Shu(守) bedeutet, “die Regeln zu folgen”. In diesem Kontext ist die Regel die Basis der modernen Malerei. Für jeden Maler ist es die Voraussetzung, diese Basistechnik der Malerei zu beherrschen – Perspektive, Zeichen, Struktur, Farbe…. Picasso hat sie schon in seiner Teenager-Zeit mit Hilfe des Vaters fertig gelernt.

 

Die Gattung “Avantgarde” wird oft als “extrem” verstanden. Aber das Konzept dieser Gattung bedeutet eigentlich ein Versuch, den Maßstab des Zeitparadigmas in die Frage zu stellen und dadurch die Wahrnehmung der Gesellschaft zu ändern. Picasso lebte mit dieser großen Welle der Kunst seit Ende des 19. Jahrhundert.

 

Zum Beispiel hat Gauguins Versuch, nur mit dem Ton der Farbe und ohne perspektivische Tiefe zu malen, ist die Fragestellung gegen die Voraussetzung des “Realismus”. Die Japanische vormoderne Malerei „Ukiyoe (浮世絵)“ wurde weswegen von den Avantgardisten gelobt, weil sie außerhalb des Kontextes der europäischen Malerei gekommen ist. Picasso brach sein Studium ab, befreundete mit den Avantgardisten und änderte immer seinen Stil –  ohne Ende. Ab dieser Zeit fängt die Phase “Ha ( 破)”.

 

 

Die zweite Phase “Ha(破)”: 

“Ha(破)” ist die Phase, die Basis der Technik für den eignen Stil zu reinterpretieren. Dafür kann er auch mit der Absicht die Regel der Voraussetzungen brechen. Picasso versuchte, immer neue Gattungen wie Kubismus usw. aufzubauen. Obwohl es viele ähnliche Maler in den unterschiedlichen Gattungen gab, wird Picasso immer als Repräsentant der Gattung bezeichnet. Warum? Woran liegt dieser Unterschied? Es liegt daran, dass Picasso genial die Basistechnik der europäischen Malerei gemeistert hat – ganz Gegenteil der anderen, die zum Not etwas Neues erfinden mussten.

 

Das bedeutet trotzdem nicht, dass er zur letzten Phase “Ri( 離)” erreicht hat, weil Avantgarde selbst eine Gattung ist, etwas Neues GEGEN die Voraussetzungen zu schaffen. Soweit eine Gattung gegen ein Paradigma etwas macht, heißt es, dass sie noch zum selben Paradigma zugehört.

 

 

Die dritte Phase “Ri(離)”:

“Ri(離)” bedeutet hier frei zu werden. In diesem Kontext würde es präziser gesagt, “von der Voraussetzung der europäischen Kunst frei zu werden”. Picasso äußerte sich in seiner Abendzeit – ” Ich kann jetzt endlich malen wie ein Kind”. Er hat nach 50 Jahren geschafft, von der europäischen Kunst frei zu werden. Das bedeutet; er hat die Basistechnik bis zum Knochen gelernt – so grundsätzlich, dass er 50 Jahre lang in seinem Leben gefesselt war.